Historisch, selten und viele mit Geschichte – ein Blick auf automobile Highlights

Das beste Auto bei einer Oldtimer-Rallye gibt es nicht, alle Modelle, Marken und Ausführungen sind mindestens 26 Jahre, einige deutlich älter und damit seltener, viele Fahrzeuge haben eine besondere Geschichte und ein im wahrsten Sinne bewegtes Leben. Trotzdem gibt es im Starterfeld der diesjährigen Sauerland-Klassik Modelle und Typen, die ein bisschen herausragen zwischen den zahlreichen historischen und zum Teil toll restaurierten Porsche, BMW oder Mercedes-Benz.

Einer von Ihnen ist der „American La France“ aus dem Jahr 1918, der gleichzeitig das älteste Auto im Feld ist. Der schnelle Blick auf Fahrer, Beifahrer und Fahrzeug irritiert, scheinen die Proportionen hier nicht zu stimmen. Tatsächlich sind viele American La France umgebaute Feuerwehrwagen und damit entsprechend groß. Das Modell Type 12 der Sauerland-Klassik trägt als spät genanntes Team zwar die Startnummer 107, wird jedoch als zweites Fahrzeug hinter der Nummer 1 auf die Strecke gehen. Mit stattlichen sechs Metern Länge und einem Hubraum von 14500 ccm spielt das Modell ohnehin in einer anderen Liga, Fahrer Richard Gebert hat aber nicht nur mit den puren Maßen zu kämpfen, ohne Servounterstützung und jeglichen Wetterschutz sind er und seine Beifahrerin auch jedem Wetter ausgesetzt. Dass die Anreise aus dem heimischen Frankenland dann noch auf Achse erledigt wird, toppt seinen Einsatz noch einmal. Einen Anhänger in dieser Größe gäbe es ohnehin nicht.

Spektakulär sind wie immer auch die Auftritte der „Bentley-Boys“. Mit Startnummer 1 geht ein Bentley 4,5 Liter Blower von 1931 auf die Reise durch das Land der 1000 Berge. Vier Fahrzeuge später rollt das zweitälteste Fahrzeug der Sauerland-Klassik durch den Startbogen am Rathaus von Attendorn, diesmal ein 4,5 Liter Le Mans mit ebenso freistehenden Reifen, einem gewaltigen Motor und einer für heutige Verhältnisse sensationell schönen Karosserie.

Zu den optischen Highlights gehört unter anderem auch ein Cadillac Club Coupé aus dem Jahre 1942. Autos wie dieses, ganz in schwarz, wuchtig und mit viel Chrom, sieht man hierzulande so gut wie gar nicht. Besitzer Michael Heinrich aus der Nähe von Berlin hat das Fahrzeug vor mehr als zehn Jahren ersteigert und dann für Events restauriert und aufbereitet. Die Besonderheit zu diesem Modell gab es 2012, als Heinrich die Rallye Basel-Paris gewonnen hat, ein Jahr später gab es vom Uhren-Partner Oris die passende Armbanduhr zum Sieg. „Und das Layout der Uhr ist dabei sogar exakt den Armaturen unseres Autos nachempfunden“, erzählt Heinrich noch heute begeistert.

Deutlich moderner und schon fast vergessen ist der Opel Kadett Aero, den Opel Classic aus dem Museum in Rüsselsheim mit zur Sauerland Klassik bringt. Die im Frühjahr 1976 auf dem Genfer Salon vorgestellte Cabrio-Limousine mit Targadach und Kunststoffheckscheibe wurde vom renommierten Karosserieschneider Baur in Stuttgart gefertigt. Opel warb seinerzeit damit, viele Bedürfnisse in einem Wagen vereint zu haben, ein einfach zu verstauendes Cabrio-Dach in einem geräumigen Urlaubs- und Familienauto, das auch problemlos im Stadt- und Berufsverkehr genutzt werden kann. Insgesamt wurden vom Aero gerade einmal 1242 Fahrzeuge produziert, entsprechend selten ist er heute noch auf der Straße anzutreffen. Ein Grund war damals schon mit Sicherheit sein Preis, gegenüber der Limousine kostete der Aero 5.000 DM mehr!

Seltenheitswert hat der Ford Taunus 17M P3 von Reinhard Schade eigentlich nicht, denn mit dem über 650.000-mal gebauten Typ erreichte man fast die Zulassungszahlen von Konkurrent Opel. Der Taunus mit der Startnummer 27 ist aber doch etwas Besonderes. Denn Schade, der für die Lebenshilfe Gießen seit vielen Jahren Oldtimer verlost (ein Los kostet nur 5 Euro) und den Erlös stets Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben zugutekommen lässt, hat auch diesen Wagen gespendet bekommen. Sein vorheriger Besitzer: kein geringerer als TV-Moderator Günther Jauch. Dieser P3 aus dem Jahre 1962 (5. Preis) kann in diesem Jahr bei der Oldtimer-Spendenaktion gewonnen werden, der neue Eigentümer hat dann einen prominenten Vorbesitzer in den Papieren seines Autos stehen.

Und weil in diesem Jahr gleich zehn verschiedene Oldtimer bei der Spendenaktion der Lebenshilfe Gießen auf einen neuen Besitzer warten, hat Schade zu Werbezwecken gleich zwei weitere Fahrzeuge mit nach Attendorn gebracht, die es ebenfalls zu gewinnen gibt. So startet der Attendorner Bäcker Ralf „Nelli“ König erstmal mit einem Mercedes-Benz 280 SL von 1982 (3. Preis) und der Startnummer 30 bei der Sauerland Klassik. Drei Autos später geht dann noch das Damenteam Vanessa Stüdemann und Lea Moreen Mader in einem kleinen aber feinen Fiat 850 Limousine (9. Preis) aus dem Jahr 1966 auf die Reise.

Zur exklusiven Oberklasse gehörte die Flavia (Startnummer 39), die Lancia zwischen 1960 und 1970 auf die Straßen gebracht hat. Der erste italienische Seriensportwagen mit Frontantrieb und Scheibenbremsen an allen vier Rädern. Für Lancia war dieses Modell der Wendepunkt in der Firmengeschichte, denn man konzentrierte sich fortan nicht nur auf Frontantrieb, sondern vertraute ab sofort auf den V-förmig angeordneten Boxermotor. Für den Motorsport konstruierte Lancia dann unter anderem das Modell Sport, dessen Kleid vom italienischen Design- und Entwicklungsbüro Zagato stammt. Die sportliche Variante „Lancia Zagato Sport“ mit vollständiger Alu-Karosse ist unter Sammlern extrem begehrt, die markante Form und das außergewöhnliche Heck sind sehenswert.

Mittlerweile sehr selten und damit ebenfalls sehenswert ist ein Rover P6 3500 aus dem Jahr 1969. „P“ stand bei Rover als Kürzel für Nachkriegsmodelle, der P6 ist damit das sechste und letzte Modell, das Rover nach dem Krieg auf den Markt gebracht hat. Der letzte Rover P6 lief im März 1977 vom Band, intern bezeichnete man den Wagen als „The last of line“. Den P6 gab es in den drei Varianten 2000, 2200 und 3500, damit ist das Modell bei der Sauerland Klassik (Startnummer 52) der hubraumstärkste Motor mit rund 140 PS. Für seine zahlreichen Sicherheitsausstattungen erhielt der Wagen übrigens einige Industriepreise, so zum Beispiel für Sicherheitsgurte an den hinteren Sitzen sowie eine sich abknickende Sicherheits-Lenksäule im Falle eines Unfalls.

Spannend ist auch die Geschichte des Intermeccanica Indra, der zwischen 1971 und 1975 das Licht der Welt erblickte. Das Auto mit europäischer Sportwagenkarosse und US-amerikanischer Großserientechnik beim Antrieb gab es in nur extrem geringer Stückzahl, hergestellt wurden Cabriolets, zweisitzige Coupés sowie ein Fließheck-Coupé. Der Intermeccanica Indra, der bei der diesjährigen Sauerland Klassik unterwegs ist, wurde in dieser Form nur 40-mal produziert, je nach Motorenausstattung leistete der Sportler mit der langen und flachen Schnauze bis zu 230 PS.

Noch sportlicher und mit vielen Rallye-Genen versehen, ist der Lancia Stratos, mit dem Christian Faber das Land der 1000 Berge erkunden will. Der flache Keil aus Italien wurde ausschließlich für den harten Rallye-Einsatz konzipiert, zwischen 1974 und 1976 gewann der Stratos HF fast nach Belieben und er gilt heute als einer der erfolgreichsten Rallye-Wagen der Geschichte. Mit ihm verbunden sind Namen wie der italienische Rallye-Star Sandro Munari und auch der zweifache Weltmeister Walter Röhrl, der mit einem Stratos Gruppe 4 im Jahr 1978 in der Deutschen Rallyemeisterschaft für Furore und vier Siege sorgte. Maximal 495 Fahrzeuge des Stratos wurden überhaupt nur konstruiert, mittlerweile sind gute Exemplare mit einer sportlichen Geschichte kaum noch zu bekommen und noch schwerer zu bezahlen.

Das gilt auch für den Ford RS200, der wenige Minuten später auf die Reise geschickt wird. Das Modell gehörte zur letzten und wildesten Ausbaustufe der sogenannten Gruppe B, die stärksten Modelle in der Rallye-WM der Jahre 1984 bis 1986 leisteten bis zu 550 PS bei gerade einmal 1000 Kilogramm. Das Modell, das bei der Sauerland Klassik zu sehen ist, gehört zu den berühmten Exemplaren. Mit genau diesem Ford RS200 in Gruppe B-Ausführung startete der schwedische Rallye-Weltmeister Stig Blomqvist 1985 bei der Schweden Rallye mit der Startnummer 1.

Zählt man die seltenen und stets blank polierten Karossen der teilnehmenden Alfa Romeo, Audi, Citroën, Datsun, Ferrari, Mini, Riley, Renault, Škoda, Volvo und andere Modelle hinzu, gehen bei der diesjährigen Sauerland Klassik exakt 30 unterschiedliche Automarken an den Start.

Die weiteste Anreise eines Teilnehmers führt dabei sogar über den großen Teich bis nach Calgary in Kanada, die kürzeste Wegstrecke haben aber auch eine ganze Reihe von Teams aus Attendorn und der Umgebung, die ihr zu Hause bei der Sauerland Klassik in diesem Jahr auf andere Weise erleben wollen. „Und auch denen versprechen wir tolle Erlebnisse und mit Sicherheit auch schöne einsame Straßen, die sie bisher noch nicht unter die Räder genommen haben“, verspricht Sauerland Klassik Initiator Peter Göbel.

Los geht es für Teilnehmer und Zuschauer zugleich am kommenden Mittwoch, 29. September auf dem Klosterplatz von Attendorn. Dort müssen sich die Fahrzeuge einem kurzen technischen Check beim Automobilclub von Deutschland (AvD) unterziehen, der als Partner der Rallye auch die technische Unterstützung bei einer Panne übernimmt. Damit dieser Programmpunkt auch für Fans und Zuschauer interessant und abwechslungsreich ist, wird Peer Günther die fachkundige Moderation übernehmen und zahlreiche Anekdoten und Geschichten zu den Fahrzeugen und der Besatzung liefern.

Auch am Donnerstagmorgen (30.09.21) geht es zunächst mit den Checks der später angereisten Teams weiter, bis um 12:00 Uhr wird die Innenstadt dann nach und nach zur großen Startaufstellung für die 4. Sauerland Klassik umfunktioniert. Zwischen dem „Alter Markt“ und dem Klosterplatz können die 108 historischen Fahrzeuge dann ausgiebig begutachtet werden, bis dann pünktlich um 14:00 Uhr die Startflagge fällt. Rund 140 Kilometer stehen dann auf dem Programm, der gesamte Streckenverlauf des rollenden Museums findet man auf der Homepage www.sauerland-klassik.de unter der Rubrik Zuschauer. Das Dokument „Alle Orte – Alle Zeiten“ beinhaltet sogar alle Ortschaften mit der jeweiligen Durchfahrtszeit des ersten Teilnehmers, nach knapp einer Stunde sollte das gesamte Feld dann auf dem Weg zum nächsten Punkt sein.

Das hochwertige Programmheft zur Sauerland Klassik gibt es ab sofort beim Tourismus sowie in verschiedenen Geschäften in und um Attendorn. Während der Sauerland Klassik werden die Hefte darüber hinaus durch das Organisations-Team kostenlos an alle Interessierten verteilt. Eigens dazu setzt man ein „Programmheft-Verteiler-Team“ ein, das entlang der Strecke immer wieder anhält, um Fans und Interessierte mit den gedruckten Fakten und natürlich auch der bebilderten Startliste zu versorgen. „In den letzten Monaten haben wir alles dafür getan, dass auch die vierte Ausgabe der Sauerland Klassik zu einem Erfolg werden könnte. Wenn jetzt auch noch das Wetter mitspielt, werden viele Teilnehmer, Besucher, Fans und Zaungäste die Oldtimer-Tour und das Sauerland hoffentlich in guter Erinnerung behalten“, so Peter Göbel.

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